Chororgel in der Sagrada Familia in Barcelona

Für die derzeit noch im Bau befindliche Basilika Sagrada Familia in Barcelona gab es von dem Architekten der Kirche, Antoni Gaudi, keine präzisen Vorgaben für die Positionierung und die Gestaltung einer oder mehrerer Orgeln. Es liegen lediglich vage Vorschläge für die Anbringung von 30! Meter langen Orgelpfeifen in einigen der unzähligen Türme vor. Dass die Töne dieser gigantischen Pfeifen für den Menschen nicht mehr hörbar sind, war Gaudi entweder nicht bewusst oder spielte bei seinen Überlegungen keine Rolle. Sie sollten wohl vom Wind sporadisch angeblasen werden. Als am 7. November 2010 der Kirchenraum durch Papst Benedikt XVI seiner liturgischen Bestimmung übergeben wurde, spielte die von Blancafort, Orgueners de Montserrat erbaute Chororgel das erste Mal öffentlich.





Orgel vom Altar gesehen


Die Intonation dieses Instrumentes wurde von mir in langen nächtlichen Etappen durchgeführt. Der Zeitplan bis zum Papstbesuch war von den Organisatoren sehr eng bemessen und tagsüber waren in der Kirche noch andere Gewerke mit lärmenden Arbeiten beschäftigt, so dass nur die Nachtstunden blieben.

Als Besonderheit für eine Chororgel darf sicher der doppelte 16' - Prospekt auf der Rückseite der Chororgel gesehen werden. Tiefe Frequenzen werden in dieser Kirche hervorragend übertragen. Da die Chororgel bis zur Erstellung einer Hauptorgel auch als Begleitinstrument für die Gemeinde gebraucht wird, hat sich dieser gewaltige Prospekt schon gelohnt. Die Bässe werden gravitätisch und satt in den Kirchenraum getragen und lassen die Orgel größer erscheinen als sie ist.





Orgel von hinten betrachtet


Der Klang der Orgel wird gut durch den Raum transportiert und ist auch bei vollbesetztem Haus, wie man an der Einweihung der Kirche mit allein mehreren hundert Chorsängern auf den Emporen hören konnte, noch gut hörbar.

Da die Orgel über eine elektrische Spieltraktur verfügt sind auch einige Transmissionen realisiert worden. Dabei spielt das Register Gran Principal 8' im Schwellwerk eine wichtige Rolle. Es steht als einziges Register des Schwellwerks nicht im Schwellkasten. Es ist als changierendes Register zu verstehen, also mit stark steigendem Mensurenverlauf. Im Baß als Prinzipal, im Tenor und in der Mittellage als sehr kräftiger Choral und im Diskant als Soloflöte.

Folgende Transmissionen ergeben sich:

Contrabajo 16'
In der großen Oktave erklingen beide Prinzipal 16' Pfeifen des Prospektes, ab c° der Gran Principal 8'

Principal mayor 16'
In der großen Oktave erklingt eine der beiden Prinzipal 16' Pfeifen des Prospektes, ab c° der Principal de cara 8'

Contras 8'
C - f' aus dem Gran Principal 8'

Coral 4'
c° - f'' aus dem Gran Principal 8'

Die Orgel ist mit proportionalen Tonmagneten ausgestattet die ein sehr differenziertes Spiel ermöglichen. Zusätzlich gibt es ein Replaysystem, mit dem vorher aufgenommene Stücke beliebig oft wiederholt werden können.

Zur Erbauung der jährlich 3 Mio Besucher spielt die Orgel alle 30min.





16' Prospekt von unten betrachtet


Disposition der Register (.pdf-Datei 13 Kb)